Vom Kolonialstädtchen San Cristobal de las Casas im mexikanischen Bundesstaat Chiapas aus haben wir einen Ausflug in die umliegenden Mayadörfer San Juan Chamula und San Lorenzo Zinacantan gemacht. Am meisten hat uns das Dorf Chamula mit seinen 80 000 Einwohnern beeindruckt.
Foto: Friedhof von Chamula.
Denn in Chamula leben die Mayas in vielerlei Hinsicht ihre eigenen Gesetze: Es gibt keine Schulpflicht, sie haben ihre eigene Polizei und gehen erst ins Krankenhaus wenn der Heiler aus dem Dorf nicht mehr helfen kann. Vergewaltigungen sind gängig und Mädchen bekommen zwischen 13 und 16 Jahren Kinder. Es kommt auch vor, dass eine Schwangerschaft erst nach sechs Monaten diagnostiziert wird.
Die religiöse Kultur in Chamula hat uns sehr beeindruckt, denn was hier in den heiligen Mauern passiert, ist für uns Europäer schon sehr abgefahren.
Vor dem Dorf gibt es einen großen Friedhof mit schwarzen Kreuzen, für Menschen, die alt gestorben sind, weißen Kreuzen, für Menschen, die jung gestorben sind und alle anderen erhalten blaue Kreuze. Die Kirche ist abgebrannt (unten erfährt man warum) und wurde nicht wieder aufgebaut.
Die Mayas in Chamula erhalten als einziges Sakrament von einem katholischen Pfarrer, der zu Besuch ins Dorf kommt, die Taufe. Die Kirche am Marktplatz ist eine spirituelle Stätte, somit war Fotografieren verboten. Aber wir versuchen die religiösen Rituale und die Stimmung ein wenig zu beschreiben.
Fotos: Templo de San Juan in Chamula.
Die Chamulas stellen Johannes den Täufer aus hierarchischer Sicht über Jesus. In der Kirche sind viele Heilige abgebildet. Sie tragen einen Spiegel in der Hand, welcher das Böse reflektieren soll. Der Boden ist bedeckt mit frischen Piniennadeln. Es duftet wunderbar! Überall auf dem Boden sind kleine Kerzen in Blockform aufgestellt, davor sitzen die Chamulas und beten.
Doch was wir hier in der Kirche gesehen haben, hat uns nicht erschüttert, sondern eher Gänsehaut (oder Hühnerhaut?) herbeigerufen.
Stellen wir uns vor, die Chamulas benötigen eine spirituelle Heilung. Sie konsultieren einen Medizinmann /-frau, der/die dann per Pulsdiagnostik entscheidet, was der „Patient“ und wie viel er davon braucht. Geheilt wird über die Berührung mit Eiern, Gewürzen und lebenden Hühnern. Es dauert je nachdem! Wir haben ca. 5 min bei der „Heilung“ zugeschaut bis die Heilerin der Henne sanft aber bestimmt den Hals umgedreht hat. Patient geheilt – Huhn tot. Diese wird dann unter einem Kreuz im Garten vergraben.
Foto: (Noch) lebende Gockel auf dem Wochenmarkt in San Cristobal de las Casas.
Dies hört sich sicherlich absolut verrückt an und genau das war es auch! Wir mußten aufpassen, nicht die Kerzen am Boden umzustoßen – denn passiert dies, brennt die Kirche lichterloh wegen den Piniennadeln. Die Atmosphäre in dieser Kirche war sehr beeindruckend, mystisch und spirituell!
Im Mayadorf San Lorenzo Zinacantan durften wir eine Familie besuchen und einige Fotos machen. Hier Frauen in traditionellen Trachten im Alltag. Teilweise leben fünf Generationen unter einem Dach.
Foto: San Lorenzo Zinacantan