Eine mexikanische Haus- und Gartentour auf amerikanisch:
witzig oder einfach nur blöd?
Gestern ging es von den Mayaruinen in Palenque ins nördlich gelegene Merida, wo die Ruinen von Uxmal auf uns warteten. Wir entschieden uns dafür, zunächst die Stadt anzuschauen. Merida ist ganz nett, bietet eine schöne Kathedrale und ist spanisch geprägt. Insgesamt aber weniger touristisch als San Cristobal.
Im Internet haben wir herausgefunden, dass über die „English Library“ Haus- und Gartentouren angeboten werden. Für „schlappe“ 10 € sollten wir dabei sein, nicht nur vor, sondern auch hinter die Fassaden blicken zu können, um ein „real Mexican house“ zu sehen. O. k., ein bisschen teuer, aber wann hat man schon die Gelegenheit…
Wir fanden uns in einer Gruppe gut situierter Amerikaner und Kanadier mit einem Tourguide namens Keith (Namen bitte merken) wieder, der uns erstmal einen Vortrag über den mexikanischen Baustil sowie die Entstehung der Stadt hielt. Sehr interessant!
Drei Häuser sollten wir besichtigen. Bei zweien war der Besitzer leider gerade nicht da. Komisch! Wo befindet sich ein Mexikaner am helllichten Tag? Wenigstens seine Frau könnte daheim sein, oder? Lässt er uns einfach so in sein „casa“? Etwas Verwirrung steigt auf, aber egal! Los geht’s! Das erste Haus war extrem stylisch, absolut designed und wie ein modernes Museum anzusehen. Ist das „real mexican“? Irgendwie nicht… Noch mehr Verwirrung! Alle anderen Besucher waren fasziniert: „Awesome!“ „Beautiful!“ tönte es aus allen Ecken. Aber seht selbst:
Die Küche komplett aus Zement:
Eingangsbereich und Esszimmer:
Badewanne auf dem Dach?
Ist das etwa mexikanisch?
Den Kopf schüttelnd marschierten wir weiter ins andere „Casa“. Haus wieder wunderhübsch, der Besitzer ebenfalls nicht da.
Aber was sehen wir denn da? Neben der Eingangstür ein riesiges Schild mit „For Sale“ und der Agent hieß doch tatsächlich Keith, genau wie unser Guide.
Langsam aber sicher dämmerte es uns und der Groschen war gefallen: Wir befanden uns auf einer Immobilien Verkaufstour! Und zahlten auch noch Geld dafür!? Unfassbar! Also nix „traditionell mexikanische Häuser“ wie versprochen, vielmehr amerikanische oder europäische Millionäre, die ein baufälliges Häuschen in Mexiko kauften, es renovierten, um selbst darin zu leben oder um es teuer zu verkaufen. Aber doch nicht etwa an uns? Gut, wenn es mit der Immobilie auf Hawaii schon nicht geklappt hat…
Im dritten Haus hat uns der amerikanische Millionär persönlich begrüßt. Eine Kanadierin ist fast ausgeflippt. „I love it. It’s incredible. It’s my third tour!“ Das kann doch wohl kaum wahr sein? Ist das ihr Hobby? Meine Kinnlade dagegen hing immer tiefer. Es wurde mir zu bunt! Ich ging zu unserem Guide oder besser Agenten und fragte, ob wir uns zufällig auf einer Verkaufstour befänden. „Well… (er kam ein bisschen ins Stocken) … you don’t have to buy a house.“ Nicht? Ein Häuschen hätte auch nur zwischen USD 285.000 und 345.000 gekostet. Ohne Aufforderung gab er uns unseren „Eintritt“ zurück und konnte absolut verstehen, dass WIR uns hier nicht einkaufen wollen.
Was für eine beeindruckende „mexikanische Haus- und Gartentour“! In Deutschland wäre es wohl eher eine Butterfahrt gewesen…
Foto: Innenhof mit Wasserfall im dritten Haus