Dreiviertel unserer geplanten Weltreise sind vorbei, etwa sechs Monate Asien liegen noch vor uns. Die Zeit rast dahin. Es gab Phasen in denen wir überlegt haben, ob zwei Jahre Weltreise zu lang sind und ob wir anders hätten planen sollen. Letzten Endes sind wir aber immer wieder auf folgendes Ergebnis zurückgekommen: Zwei Jahre Weltreise ohne längere Arbeitsstopps bzw. ohne routinierten Alltag sind eine lange Zeit. Ab und an ist es recht anstrengend, vor allem wenn es nicht läuft und wir Menschen begegnen, die es nicht gut mit uns meinen bzw. wir Planungsfehler begehen. Wenn wir aber unsere Länderwunschliste von vor der Abreise anschauen, dann sind zwei Jahre genau die richtige Zeitspanne für unsere Weltreise und wir hätten es nicht anders planen sollen. Es ist gut, so wie es ist!
Interessant ist für uns zu sehen, was sich seit unserer Abreise im Januar 2009 wie verändert hat.
Foto: Die Gnomads und eine steinalte Schildkröte
Unser Weltreise Blog:
Wir schreiben unsere aktuellen Blogbeiträge deutlich gezielter und somit weniger als am Anfang. Was unsere Länderseiten mit Reiseinformationen, die ihr auf der rechten Seite im Hauptblog findet, betrifft, so haben wir seit Vanuatu und Australien keinen Nerv mehr, Informationen zu sammeln und auf den Bildschirm zu bringen. Wir sind ziemlich faul geworden!
Die Wahl der Unterkünfte:
Unsere Übernachtungsmöglichkeiten suchen wir schon lange mit einem ganz genauen Auge aus. Günstige Absteigen sind für uns absolut tabu geworden. Wir zelten gerne, geben lieber mehr Geld für ein Zimmer aus und legen großen Wert auf Ruhe, Sauberkeit und Anonymität. Meist buchen wir uns erst für eine Nacht irgendwo ein, schlafen einmal Probe und verlängern dann Nacht um Nacht. Dass über einen längeren Zeitraum vorbuchen für uns nichts ist, haben wir auf Santo im Turtle Bay Resort festgestellt. Besser ist, nach jeder Nacht die Möglichkeit zu haben, die Bleibe schleunigst zu verlassen.
Das Verhältnis zu anderen Reisenden:
Wir suchen immer mehr unsere Ruhe und die Einsamkeit. Während wir am Anfang der Weltreise uns sehr gerne mit anderen Reisenden unterhalten haben, suchen wir mittlerweile vermehrt die Anomymität. Wenn wir morgens zum Frühstück z. B. erstmal die vollen Aschenbecher und Weinflaschen von nächtlichen Partys aufräumen müssen, damit wir im Garten eines Hostels frühstücken können, dann sind wir angeekelt. Ebenso erquickt uns der Anblick eines völlig bekifften Backpackers, der sich den ersten Joint in aller Frühe reinziehen muss, schon lange nicht mehr.
Die Unternehmungslust und der Tagesablauf:
Unser Tagesablauf ist in den letzten Wochen bzw. Monaten viel entspannter und ruhiger geworden. Seit der Südsee schlafen wir ganz oft bis 10 Uhr, faulenzen insgesamt viel und wenn wir dann doch einen Tagesprogrammpunkt haben, dann nur für einen halben Tag. Früher hatten wir für einen Tag meist mehrere Unternehmungen geplant, heute schaffen wir dies nicht mehr. Wir können die vielen fremden Eindrücke nicht mehr so schnell verarbeiten und somit sind wir schon glücklich und zufrieden, wenn wir faul in einem ruhigen Liegestuhl liegen oder in einem Cafe sitzen können. Wir wollen nicht sagen, dass unsere Unternehmungslust geschwunden ist. Viel treffender ist vielleicht die Formulierung, dass sie sich verändert hat. Wir überlegen vor jeder Aktivität genau, ob sich Zeit-, Kosten und Energiefaktoren aufrechnen, denn unser Ziel ist es, den Tag mit einem „Wow-Gefühl“ und nicht mit einem „Mei, ganz nett, hätte es jetzt aber nicht unbedingt gebraucht-Gefühl“ zu beenden. Somit suchen wir immer mehr einen Kick in neuen Abenteuern, was uns z. B. zu einem Tauchkurs geführt hat.
Das Genießen und Innehalten:
Während am Anfang unserer Reise so ziemlich alles mit dem oben genannten „Wow-Gefuehl“ verbunden war, wir viel Leichtigkeit und Urlaubsgefühl verspürt hatten, liegt nach 18 Monaten die Messlatte wesentlich höher. Wir haben schon ziemlich viel gesehen. Dies hat zur Folge, dass irgendwann ein Regenwald ein Regenwald, eine Giraffe eine Giraffe, ein Strand ein Strand,… ist. Diese Einstellung und dieses Gefühl finden wir ziemlich blöd, es lässt sich aber nicht ändern.
Außerdem macht die dauerhafte Reizüberflutung es oftmals schwer, innezuhalten, um die vielen genialen Eindrücke zu verarbeiten und zu genießen. Deshalb bemühen wir uns, ganz bewusst zu reisen. Unser Ziel ist es, den Moment und den Augenblick, egal wie unspektakulär er im Vergleich sein mag, zu genießen. Also nicht erst irgendwann, wenn wir wieder in Deutschland sind, dem Alltagstrott verfallen Fotos anschauen und in der Vergangenheit schwelgend sagen: „Weißt du noch, wie schön es damals bei Jim und Paula in Perth war? Viel gesehen haben wir ja nicht, aber toll war es trotzdem.“ Es zählt der Moment, egal wie unspektakulär er auch sein mag.
Die Beziehung:
Insgesamt hat sich unsere Beziehung bis jetzt zum Positiven verändert. Ich weiß genau, wann ich mich auf Nils verlassen kann. Welche Aufgaben auf unserer Reise ich an Nils abgeben und welche ich besser selbst in die Hand nehmen muss. Die südamerikanische Mentalität lag mir z. B. näher, die afrikanische Nils. Somit habe ich in Südamerika und Nils in Afrika verhandelt und Dinge organisiert.
Auch weiß ich mittlerweile ohne Absprache, was ich Nils besser nicht zumute, was wir getrennt machen müssen, wo ich gar nicht anfangen muss zu verhandeln, weil es eh in die Hose geht. Vor 15 Monaten hätte ich Nils irgendwohin mitgeschleppt, obwohl ich wusste, dass es ihm nicht gefallen würde. Das einzige, das ich damit erreicht habe, war ein störrisches Eselverhalten und so hat Nils unsere Wanderung im Torres del Paine nach 5 Tagen kurzer Hand abgebrochen. Heute werden die Bedingungen wie Internetzugang, Essen, Zivilisation, Wanderungen,… vorher genau abgesteckt und besprochen. Beim kleinsten Zweifel versuche ich solche Unternehmungen alleine zu planen. Wenn sich Nils ganz bewusst auf eine „meiner“ Unternehmungen einlässt, dann darf währenddessen auch nicht gestänkert werden. Umgekehrt auch! Wir haben uns also nochmals ein großes Stück mit unseren Stärken und Schwächen kennen gelernt, akzeptieren diese besser, reisen evtl. für einen kurzen Zeitraum getrennt oder handeln Kompromisse aus. Dem Tauchkurs am Great Barrier Reef steht z. B. ein Besuch des Himalajas gegenüber nach dem Motto: Wenn ich mit dir in die Tiefe gehe, dann kommst du mit mir in die Höhe!
Außerdem habe ich mich wunderbar an unsere 24 Stunden-Beziehung gewöhnt. Nach vielen Monaten die erste Aktivität ohne Nils, die Rede ist vom Besuch eines Waschsalons in Auckland!, war verbunden mit: „Ich alleine Wäsche waschen? In so einer großen Stadt? Und wenn ich diesen Waschsalon nicht finde? Und wie finde ich den Weg ins Hostel überhaupt wieder zurück?“ So anstrengend eine 24stündige Beziehung auf Weltreise manchmal ist, so alltäglich ist sie mittlerweile geworden.
Das war’s von uns aus Downunder
Wir sagen Tschüss Australien und Ozeanien sowie danke für die Ruhe und Erholung in den letzten Wochen bei Jim und Paula, unseren Freunden, die wir in Südamerika kennen lernten. Sie haben uns während der ganzen Fußballweltmeisterschaft in Südafrika ein Zuhause mit einem unglaublichen Wohlfühlklima geschenkt!
Am 15. Juli werden wir unsere Weltreise fortsetzen und weiter nach Asien reisen. Da wir lediglich einen Urlaub in Indien auf unserer Reiseweltkarte verzeichnen können, ist Asien für uns absolutes Neuland und wir sind total gespannt auf die Abenteuer, die dort auf uns warten. Eine genaue Route haben wir wie immer nicht, jedoch eine ziemlich lange Länderwunschliste. Mal sehen, wie wir all unsere Ziele miteinander vereinbaren können und was aus Kosten- oder Organisationsgründen auf der Strecke bleiben muss.
Ein sehr schöner Bericht… Asien wird sicherlich auch ein Erlebnis.
Besonders toll finde ich, dass ihr in dem kleinen Bericht auch ansprecht wie sich euer Verhalten verändert hat und vor allem das man irgendwann „satt“ ist. Ihr habt es aber gemerkt und werdet somit alle weiteren Momente weiterhin genießen können 🙂
Gruß Markus
Hallo,
ich kann mich markus nur anschließen, ein sehr schöner Bericht 🙂
Interessant finde ich vor allem auch die einzelnen Phasen, die ihr
zusammen durchgemacht habt und es ist auch sehr schön zu lesen,
wie 3 Eier doch ein Leben verändern können 🙂
Aber ernsthaft ich denke gegenseitige Tolaranz ist ein wichtiges Kriterium,
um solch eine Reise auf sich zu nehmen und erfolgreich zu bestehen und
es liest sich aus euren Berichten sehr schön heraus, was ihr doch alles
(nicht nur Beziehungstechnisch) dazugelernt habt.
Ich wünsche euch beiden noch alles Gute und noch sehr viel Spaß
auf eurem Weg, der in 6 Monaten sicherlich noch nicht vorbei ist.
Viele Grüße
Redstav
Super interessant ! Ich kann auch teilweise mitfühlen durch meine Reisen. Man überlegt sich wirklich genau was man noch „extra“ anschaut. Wünsch euch ganz ganz viel Spaß noch in Asien !!!
Die Riesenhütte ist eine Hütte ist eine Hütte neben der Kampenwand und die ist ein Berg ist ein Berg. Ich war heute auf Tour ist eine Tour ist eine Tour. Es gibt sehr hübsche Sennerinnen ist eine Sennerin Sennerin
Kusskuss
Schönster Kommentar ist ein Kommentar Kommentar!
Ich finde diesen Zwischenbericht auch sehr aufschlussreich; zwei Jahre Weltreise sind wirklich außerordentlich – toll, dass ihr so lange durchhaltet. Bin schon gespannt auf die Asienberichte;)
Eines wollte ich noch einmal erwähnen: Ich finde es super, dass ihr selbst dieses Problem mit der „Sättigung“ erkannt habt. Es ist doch ein Problem in unserer Gesellschaft, welches immer wieder eintritt: Erst hat man dieses Auto, dann will man das bessere, das gleiche ist mit einem Handy oder anderen Dingen…. immer wieder muss es getopt werden.
Wünsche euch daher noch eine schöne Weltreise mit vielen unvergesslichen Eindrücken!
Gruß Markus
Ach ja… So eine Reise führt einen manchmal nicht nur in viele Länder, sondern auch in die eigenen „Tiefen“! Falls wir uns nicht mehr hören, eine gute Zeit in Asien!
Busserl, Vroni
Ihr 2 😉 ,
DANKE für den tollen Bericht … sehr aufschlussreich und total ehrlich ….
Weiterhin noch eine schöne Zeit in Asien, das wird bestimmt schön…
Wir werden auch weiterhin Eure Reise mitverfolgen, und stolz sein.
Auf Euch und Euren Mut diese Reise gemeinsam zu erleben, auch wenn es nicht immer einfach ist ….
Ganz liebe Grüße von den Hennrichs ( z.Z. in Pfahlheim …)
Ich war 2 Jahre lang mit meiner liebsten in Asien unterwegs und kann nur sagen. Diese Zeit schweist mehr zusammen wie 5 Jahre „normales“ Leben in BRD. Ich finde ein Partner mit dem man sowetwas teilen und erleben kann über solch einen langen Zeitraum, der ist in jedem Falle DER/DIE Ricktige.
Grüße und viel Spass
ps. falls Ihr auf den Philippinen vorbei kommt, darf ein Zwischenstopp auf „Siquijor“ nicht fehlen. Ein Traum
Hallo ihr Weltenbummler,
ich bin zwar über einen 4trips Artikel auf eure Seite gestoßen, aber ich fand die Einleitung zum Beitrag einfach nur toll und so hab ich fsziniert den ganzen Bericht gelesen. Ich kann mir gut vorstellen wie vor ort die Eindrücke verschwimmen und am Ende wirklich „ein Regenwald ein Regenwald, eine Giraffe eine Giraffe, ein Strand ein Strand,…“ ist und doch soltet ihr versuchen jeden augenblick zu geniesen. Wer weiß schon wann mann je wieder so eine Gelegenheit haben wird. Alles Gute und hoffentlich treibt es euch auch nach Myanmar, denn das Land ist wunderschön und Angst vor Partydreck braucht ihr dort nicht zu haben. 😉 Alles Gute
Hallo, Ihr Beiden!
Nun habe ich mich schon sehr lange nicht mehr hier im Blog zu Wort gemeldet. Das liegt einfach an der sehr knappen Zeit. Ich bin nun seit rund einem Monat auf Reisen – 6 1/2 weitere werden noch folgen. Daher habe ich Euren Beitrag mit Spannung gelesen, was die Veränderungen in den letzten Monaten betrifft.
Ich überlege, ob sich unsere Wege in Asien überschneiden könnten. Ich werde Eure Route auf jeden Fall im Auge behalten. Auch wenn Ihr immer mehr auf „Anonyomität“ aus seid, vielleicht habt Ihr ja trotzdem Lust, dass sich unsere Wege kreuzen.
Weiterhin gute Reise
Gerry