Was sich nach 18 Monaten Weltreise wie verändert hat

Dreiviertel unserer geplanten Weltreise sind vorbei, etwa sechs Monate Asien liegen noch vor uns. Die Zeit rast dahin. Es gab Phasen in denen wir überlegt haben, ob zwei Jahre Weltreise zu lang sind und ob wir anders hätten planen sollen. Letzten Endes sind wir aber immer wieder auf folgendes Ergebnis zurückgekommen: Zwei Jahre Weltreise ohne längere Arbeitsstopps bzw. ohne routinierten Alltag sind eine lange Zeit. Ab und an ist es recht anstrengend, vor allem wenn es nicht läuft und wir Menschen begegnen, die es nicht gut mit uns meinen bzw. wir Planungsfehler begehen. Wenn wir aber unsere Länderwunschliste von vor der Abreise anschauen, dann sind zwei Jahre genau die richtige Zeitspanne für unsere Weltreise und wir hätten es nicht anders planen sollen. Es ist gut, so wie es ist!
Interessant ist für uns zu sehen, was sich seit unserer Abreise im Januar 2009 wie verändert hat.

gnomads

Foto: Die Gnomads und eine steinalte Schildkröte

Unser Weltreise Blog:
Wir schreiben unsere aktuellen Blogbeiträge deutlich gezielter und somit weniger als am Anfang. Was unsere Länderseiten mit Reiseinformationen, die ihr auf der rechten Seite im Hauptblog findet, betrifft, so haben wir seit Vanuatu und Australien keinen Nerv mehr, Informationen zu sammeln und auf den Bildschirm zu bringen. Wir sind ziemlich faul geworden!

Die Wahl der Unterkünfte:
Unsere Übernachtungsmöglichkeiten suchen wir schon lange mit einem ganz genauen Auge aus. Günstige Absteigen sind für uns absolut tabu geworden. Wir zelten gerne, geben lieber mehr Geld für ein Zimmer aus und legen großen Wert auf Ruhe, Sauberkeit und Anonymität. Meist buchen wir uns erst für eine Nacht irgendwo ein, schlafen einmal Probe und verlängern dann Nacht um Nacht. Dass über einen längeren Zeitraum vorbuchen für uns nichts ist, haben wir auf Santo im Turtle Bay Resort festgestellt. Besser ist, nach jeder Nacht die Möglichkeit zu haben, die Bleibe schleunigst zu verlassen.

Das Verhältnis zu anderen Reisenden:
Wir suchen immer mehr unsere Ruhe und die Einsamkeit. Während wir am Anfang der Weltreise uns sehr gerne mit anderen Reisenden unterhalten haben, suchen wir mittlerweile vermehrt die Anomymität. Wenn wir morgens zum Frühstück z. B. erstmal die vollen Aschenbecher und Weinflaschen von nächtlichen Partys aufräumen müssen, damit wir im Garten eines Hostels frühstücken können, dann sind wir angeekelt. Ebenso erquickt uns der Anblick eines völlig bekifften Backpackers, der sich den ersten Joint in aller Frühe reinziehen muss, schon lange nicht mehr.

Die Unternehmungslust und der Tagesablauf:
Unser Tagesablauf ist in den letzten Wochen bzw. Monaten viel entspannter und ruhiger geworden. Seit der Südsee schlafen wir ganz oft bis 10 Uhr, faulenzen insgesamt viel und wenn wir dann doch einen Tagesprogrammpunkt haben, dann nur für einen halben Tag. Früher hatten wir für einen Tag meist mehrere Unternehmungen geplant, heute schaffen wir dies nicht mehr. Wir können die vielen fremden Eindrücke nicht mehr so schnell verarbeiten und somit sind wir schon glücklich und zufrieden, wenn wir faul in einem ruhigen Liegestuhl liegen oder in einem Cafe sitzen können. Wir wollen nicht sagen, dass unsere Unternehmungslust geschwunden ist. Viel treffender ist vielleicht die Formulierung, dass sie sich verändert hat. Wir überlegen vor jeder Aktivität genau, ob sich Zeit-, Kosten und Energiefaktoren aufrechnen, denn unser Ziel ist es, den Tag mit einem „Wow-Gefühl“ und nicht mit einem „Mei, ganz nett, hätte es jetzt aber nicht unbedingt gebraucht-Gefühl“ zu beenden. Somit suchen wir immer mehr einen Kick in neuen Abenteuern, was uns z. B. zu einem Tauchkurs geführt hat.

Das Genießen und Innehalten:
Während am Anfang unserer Reise so ziemlich alles mit dem oben genannten „Wow-Gefuehl“ verbunden war, wir viel Leichtigkeit und Urlaubsgefühl verspürt hatten, liegt nach 18 Monaten die Messlatte wesentlich höher. Wir haben schon ziemlich viel gesehen. Dies hat zur Folge, dass irgendwann ein Regenwald ein Regenwald, eine Giraffe eine Giraffe, ein Strand ein Strand,… ist. Diese Einstellung und dieses Gefühl finden wir ziemlich blöd, es lässt sich aber nicht ändern.

Außerdem macht die dauerhafte Reizüberflutung es oftmals schwer, innezuhalten, um die vielen genialen Eindrücke zu verarbeiten und zu genießen. Deshalb bemühen wir uns, ganz bewusst zu reisen. Unser Ziel ist es, den Moment und den Augenblick, egal wie unspektakulär er im Vergleich sein mag, zu genießen. Also nicht erst irgendwann, wenn wir wieder in Deutschland sind, dem Alltagstrott verfallen Fotos anschauen und in der Vergangenheit schwelgend sagen: „Weißt du noch, wie schön es damals bei Jim und Paula in Perth war? Viel gesehen haben wir ja nicht, aber toll war es trotzdem.“ Es zählt der Moment, egal wie unspektakulär er auch sein mag.

Die Beziehung:
Insgesamt hat sich unsere Beziehung bis jetzt zum Positiven verändert. Ich weiß genau, wann ich mich auf Nils verlassen kann. Welche Aufgaben auf unserer Reise ich an Nils abgeben und welche ich besser selbst in die Hand nehmen muss. Die südamerikanische Mentalität lag mir z. B. näher, die afrikanische Nils. Somit habe ich in Südamerika und Nils in Afrika verhandelt und Dinge organisiert.

Auch weiß ich mittlerweile ohne Absprache, was ich Nils besser nicht zumute, was wir getrennt machen müssen, wo ich gar nicht anfangen muss zu verhandeln, weil es eh in die Hose geht. Vor 15 Monaten hätte ich Nils irgendwohin mitgeschleppt, obwohl ich wusste, dass es ihm nicht gefallen würde. Das einzige, das ich damit erreicht habe, war ein störrisches Eselverhalten und so hat Nils unsere Wanderung im Torres del Paine nach 5 Tagen kurzer Hand abgebrochen. Heute werden die Bedingungen wie Internetzugang, Essen, Zivilisation, Wanderungen,… vorher genau abgesteckt und besprochen. Beim kleinsten Zweifel versuche ich solche Unternehmungen alleine zu planen. Wenn sich Nils ganz bewusst auf eine „meiner“ Unternehmungen einlässt, dann darf währenddessen auch nicht gestänkert werden. Umgekehrt auch! Wir haben uns also nochmals ein großes Stück mit unseren Stärken und Schwächen kennen gelernt, akzeptieren diese besser, reisen evtl. für einen kurzen Zeitraum getrennt oder handeln Kompromisse aus. Dem Tauchkurs am Great Barrier Reef steht z. B. ein Besuch des Himalajas gegenüber nach dem Motto: Wenn ich mit dir in die Tiefe gehe, dann kommst du mit mir in die Höhe!

Außerdem habe ich mich wunderbar an unsere 24 Stunden-Beziehung gewöhnt. Nach vielen Monaten die erste Aktivität ohne Nils, die Rede ist vom Besuch eines Waschsalons in Auckland!, war verbunden mit: „Ich alleine Wäsche waschen? In so einer großen Stadt? Und wenn ich diesen Waschsalon nicht finde? Und wie finde ich den Weg ins Hostel überhaupt wieder zurück?“ So anstrengend eine 24stündige Beziehung auf Weltreise manchmal ist, so alltäglich ist sie mittlerweile geworden.


Das war’s von uns aus Downunder

Wir sagen Tschüss Australien und Ozeanien sowie danke für die Ruhe und Erholung in den letzten Wochen bei Jim und Paula, unseren Freunden, die wir in Südamerika kennen lernten. Sie haben uns während der ganzen Fußballweltmeisterschaft in Südafrika ein Zuhause mit einem unglaublichen Wohlfühlklima geschenkt!

Am 15. Juli werden wir unsere Weltreise fortsetzen und weiter nach Asien reisen. Da wir lediglich einen Urlaub in Indien auf unserer Reiseweltkarte verzeichnen können, ist Asien für uns absolutes Neuland und wir sind total gespannt auf die Abenteuer, die dort auf uns warten. Eine genaue Route haben wir wie immer nicht, jedoch eine ziemlich lange Länderwunschliste. Mal sehen, wie wir all unsere Ziele miteinander vereinbaren können und was aus Kosten- oder Organisationsgründen auf der Strecke bleiben muss.

Worüber man spricht…

Einer der zahlreichen Reize unserer Reise sind, neben dem Kennenlernen der fremden Kulturen, Mentalitäten und Landschaften, die Gespräche, die wir führen: Was denken die anderen? Was interessiert sie? Für uns ist es äußerst interessant aufzuzeigen, worüber wir uns mit anderen Reisenden unterhalten, denn der Grundtenor ist seit 15 Monaten gleich!

 

volk


Hier ein paar interessante Ausschnitte:

Mit den jungen Reisenden aus aller Herren Länder tauschen wir uns gewöhnlich über Erlebnisse, Reiseziele, Tipps und / oder unsere Berufe aus. Sprich, wir führen „leichte“ Gespräche über „leichte“ Themen.
Was andere Landsmänner an Deutschland interessiert, ist sehr häufig die Wiesn. „Ward ihr schon mal auf dem Oktoberfest?“ „Warum heißt es Oktoberfest, wenn es im September stattfindet?“ „Wie können die Bedienungen so viele Bierkrüge tragen?“ Und oftmals sei es ihr Ziel, irgendwann im September nach München zu reisen.
Eine junge Kanadierin wollte wissen, ob wir Deutschen denn alle einen Job hätten: „Germany is such a small country, do you all have a job?“ Stimmt, in Deutschland leben circa 82 Mio. Menschen auf verhältnismäßig engem Raum und verglichen mit Kanada, ist das schon eher „gedrückt“…

Mit Menschen ab grob gesagt 50 Jahren, ist dies ganz anders. Viele haben Deutschland bereits bereist. Sie kennen den „River“ Rhein und die Mosel, haben mindestens unsere Städte Frankfurt, Berlin und München gesehen und die Amerikaner kennen auf jeden Fall Garmisch. Sie erinnern sich mit einem Schmunzeln an die „Holzkästen mit Blumen“ vor den Häusern in Bayern, sind begeistert von den Kuckucksuhren aus dem Schwarzwald und erstaunt über die Pünktlichkeit der Deutschen Bahn. Ausnahmen sind sogar die Ammergauer Passionsfestspiele bekannt. Ein junger Japaner, der in München für ein Jahr studiert hat, lobt den Geschmack der deutschen Küche, ist aber erstaunt über die Größe unserer Portionen. Die Schweinshaxen auf Kloster Andechs hätten es ihm angetan.
Das Fazit, das die meisten unserer Bekanntschaften nach ihrer Deutschlandreise ziehen, ist durchweg positiv.

Oftmals dauert es nur eine Minute: „Oh, you are from Germany…“ und schon sind wir in irgendeiner Form in der deutschen Geschichte gelandet. „Good history“, meinten einst ein Brasilianer und ein Kanadier unabhängig voneinander. Und es fielen Namen wie Schiller, Goethe, Beethoven, Martin Luther, Albert Schweizer, Kant und Hegel. Deutschland, das Land der Dichter und Denker eben!

Wenn man die Geschichte Deutschlands thematisiert, und das wird sie auf jeden Fall und auch sofort , dann wird zu 100% die dunkle Seite unserer Historie diskutiert, denn Deutschland sei bekannt „for the good and evil“.
Wir sprechen über den Krieg, den Wahn, den Holocaust, den Widerstand und den Wiederaufbau. Oskar Schindler, Dietrich Bonhoeffer und die Geschwister Scholl sind bekannte Widerstandskämpfer. Dass 42 Anschläge auf Hitler vereitelt wurden, haben wir von einem Kanadier gelernt.

Einige, die wir treffen, haben eine persönliche Verbindung zu Deutschland und europäische Wurzeln. Der oben erwähnte Kanadier ist z. B. in den Niederlanden aufgewachsen. Sein Vater hatte im Untergrund gegen Hitler gekämpft. Irgendwann mussten sie jedoch ganz schnell ihre Heimat verlassen. Zuflucht haben sie in Kanada gefunden. Wie die jungen Deutschen heute zum Krieg stünden, wollte sein Freund von uns wissen.

Eine Amerikanerin fragte uns über die Stadt Würzburg aus, denn dies sei die Heimatstadt ihrer Oma gewesen. Die Oma sei mit ihrer Mutter, die damals noch ganz klein war, in die USA geflüchtet. Sie würde gerne mal nach Deutschland und im Speziellen nach Würzburg reisen. Aber irgendwie…
Dann fragt sie, ob der Ausdruck „herzlichen Dank“ heute noch Verwendung findet oder einer völlig veralteten „Oma-Sprache“ entspricht. Voller Begeisterung erzählt sie, dass sie in ihrem Leben bereits vielen Deutschen begegnet sei und diese „the best people ever“ waren. Wir, die besten Menschen überhaupt?

Aus blauem Dunst heraus fragte sich ein Kiwi oder besser gesagt fragte er uns, wie sich die Israelis und die Deutschen, die sich heute auf Reisen begegnen, so gut verstehen könnten? „Warum denn nicht?“ lautete unsere Gegenfrage. Erstaunlich ist für uns, dass wir mit Israelis nie über die vergangene Geschichte reden, sondern immer nur über die aktuelle Politik in ihrem Land heute und evtl. über ihren Glauben und die damit verbundenen Kochregeln.

Nur ein britisches / irisches Paar war etwas zynisch: „Ach was soll’s, ihr habt zwar drei Fußballweltmeisterschaften gewonnen, wir dafür zwei Weltkrieg“, so werden wir völlig unverhofft in einem Gespräch von ihnen gewatscht. Als wir dies einer Amerikanerin, die in Deutschland viele Jahre bei der Armee stationiert war und behauptet, sie „love Germany“, erzählten, meinte sie völlig lässig: „Die sollen bloß froh sein, dass wir da waren!“

Manchmal schieben wir von vornherein einen Riegel vor und antworten bei Engländern auf die Frage: „Where are you from?“ mit „We are German, so don’t mention the war.“ Dies macht sie etwas perplex. Sie lächeln, denn wir haben sie frei nach „Falty’s Tower“ an ihrem schwarzen Humor gepackt. Die Vergangenheit bleibt dann garantiert aus. Dafür stellen sie uns Fragen über die aktuelle politische Lage in Deutschland bzw. in Europa:
Wie komme Deutschland mit der Wirtschaftskrise klar? Ob wir aus dem Osten oder Westen stammten? Wie das Verhältnis zwischen Ost und West heute sei? Mache Merkel einen guten Job? Wie wir Deutschen England sähen, da es sich dem Euro verweigert? Vielleicht als Außenseiter? Ob es gut für Europa / für England sei, dass sie keinen Euro hätten?

Irgendwie sind wir schon etwas irritiert, dass ein Großteil der Gespräche mit „älteren“ Menschen immer und zwar bereits im zweiten! Satz in Richtung Historie führt und dort nach eventuell einer Stunde endet. Uns gegenüber waren die Gesprächspartner bisher stets interessiert, freundlich und vorurteilsfrei. Den einzig blöden Spruch haben wir von dem irisch-britischen Paar erlebt und diese hatten etwas zu viel Alkohol im Blut.

Allerdings fragen wir uns, ob Gespräche z. B. mit Amerikanern auch sofort über Busch, den Irak und Afghanistan beginnen und enden. Oder wer konfrontiert Israelis nach 30 Sekunden mit dem Krieg im Gasastreifen?

 

Die Mentalität der Reisenden

Im letzten Jahr haben wir nicht nur die Menschen und Mentalitäten der von uns bereisten Länder kennen gelernt. Die Mentalität unserer Mitreisenden zu beobachten und zu erleben ist ebenso spannend. Vor allem erleben wir dabei immer wieder eine Überraschung. Wir haben Spaß daran, am Erscheinungsbild und am Verhalten, die Nationalitäten unserer Mitreisenden zu erraten und mittlerweile sind wir gar nicht mal schlecht darin. Was uns auffällt, was uns ins Auge sticht, was uns gefällt, was uns nervt,… wir haben versucht, die Nationalität aufgrund unserer persönlichen Erfahrungen zu beschreiben:

Australier, Neuseeländer, Franzosen, Engländer, Belgier, Österreicher, Norweger sind insgesamt sehr offen, hilfsbereit und unkompliziert. Wir haben viele witzige Stunden mit vielen Europäern verbracht und genießen immer noch gerne ihre Gesellschaft.

Fotomagic

Die Schweizer:
Wer aufgrund des reduzierten Sprechtempos glaubt, Schweizer seien langsam, der irrt gewaltig. In Patagonien waren wir eine Weile mit einem schweizer Paar unterwegs und wir waren absolut im Stress. Bis unser Kaffeewasser zum Frühstück endlich gekocht hatte, hatten die zwei ihren Kaffe längst getrunken und das Geschirr schon wieder abgespült. Wir wissen bis heute nicht, wie die zwei immer so schnell sein konnten…

Abendbrot mit Schweizern

Die Amerikaner:
Die Amerikaner sind kein leichtes Volk für uns. Die jungen Amerikaner erleben wir als cool, laut und ignorant. Man erkennt sie nicht nur an ihrer Lautstärke sondern auch an ihren Sonnenbrillen der Marke „Oakley“, Baseballmützen und Turnschuhen mit Tennissocken.

Turnschuhe und Tennissocken

In Guatemala musste Nils regelrecht aufpassen, dass er nicht in eine Schlägerei mit einem jungen Amerikaner geraten ist. Dieser fühlte sich in einer Höhle mit Fledermäusen durch Nils Blitzlicht beim Fotografieren extrem gestört. Anstelle seinen Platz zu wechseln, musste er rumstänkern. Alle anderen fanden das Blitzlicht klasse, denn dadurch konnte man die Fledermäuse in der Höhle erst richtig gut sehen.
Die älteren Amerikaner sind absolut freundlich, hilfsbereit und total „uncool“. Sie sind von ihrer Jugend selbst nicht sonderlich begeistert und sprechen von einer „Facebook- und Twittergeneration“. Ein Universitätsdozent aus San Diego, den wir auf den Galapagos Inseln kennen gelernt haben, erzählt: „Ich sage meinen Studenten immer, ihr glaubt, alle Welt findet euch toll und will so sein wie ihr, aber ihr täuscht euch. Die anderen mögen euch noch nicht mal! Aber sie haben euch alle eins voraus. Sie sprechen mindestens eine Fremdsprache und zwar meistens englisch. Dies bedeutet, sie können über euch reden, ohne dass ihr es merkt.“
Es gibt Amerikaner, die sich im Ausland als Kanadier ausgeben und die kanadische Flagge auf dem Koffer kleben haben oder als Pin am Hut tragen. „Dann behandelt man uns besser“, so eine junge Juristin aus San Francisco.
Also Vorsicht, wenn ihr einen vermeintlichen Kanadier trefft, es könnte sich ein Amerikaner dahinter verstecken…

Die Holländer:
Daan und Majo reisten für sechs Monate durch Südamerika. Auf einer sechsunddreißigstündigen Fahrt in einem ganz normalen Bus von Süd- nach Nordpatagonien haben wir uns kennen gelernt. Wir sind zusammen in einer kalten Herbstnacht fast erfroren, da im Bus die Heizung ausgefallen war. Wir mussten eingemummelt in unsere Schlafsäcke vier Stunden auf einen neuen Bus warten. Es war eiskalt!

eine Nacht im Bus

Weil solche Ereignisse verbinden, haben wir anschließend ein paar Tage zusammen in Bariloche verbracht. Wir waren sogar Zimmernachbarn! Dies haben wir jedoch nur durch Zufall erfahren. Wir hörten ein Paar nebenan streiten und dachten aufgrund des Temperaments, es seien Südamerikaner. Schnell konnten wir ihre niederländische Sprache und ihre Stimmen identifizieren. Darauf hin haben wir einen Freudentanz in unserem Zimmer aufgeführt, denn wir waren endlich nicht mehr das einzige Paar auf Reisen, das streitet.
Daan erzählte uns auch, dass er und seine Familie seit Jahren über die Autobahn nach Österreich zum Skifahren reisten und sich seine Schwester immer fragte, warum in Deutschland jede Stadt „Ausfahrt“ heiße? Es habe wohl etwas länger gedauert, bis sie verstand, dass Ausfahrt „Exit“ bedeutet.
Als sich unsere Reisewege trennten, hat uns Daan konstant per Mail informiert, welche Städte er empfiehlt, wo wir übernachten und was wir dort unternehmen sollten. Daan kommentiert immer wieder auf unserer Homepage und hat uns dieses amüsante Video über einen Gartenzwerg auf Reisen geschickt. Da sage noch einer: „Deutsche und Holländer vertragen sich nicht.“ Wir sagen: „Nur wenn es um Fußball geht.“ 🙂

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Die Israelis:
Der Militärdienst ist in Israel unabhängig vom Geschlecht verpflichtend. Anfang zwanzig haben die jungen Israelis ihren zwei- bis dreijährigen Wehrdienst abgeschlossen und reisen anschließend für etwa ein halbes Jahr durch Südamerika, Asien oder Ozeanien. Zu geschätzten 98% reisen sie in Gruppen und sind in Südamerika über ihre Homepage, die in ausschließlich in hebräischer Sprache geschrieben und immer up to date ist, organisiert. Bei den meisten europäischen Nationen sind Israelis, die in Gruppen reisen, nicht sonderlich beliebt. Denn zum einen herrscht in Gruppen immer eine andere Dynamik, d.h. es ist laut und wild. Zum anderen wollen die Israelis Party machen und sich vergnügen, d.h. oftmals Sex haben. Es gibt Hostels, die haben sich auf Israelis „spezialisiert“. Bereits an der Eingangstür steht alles in hebräischer Sprache. Andere sind gemischt und wieder andere nehmen keine Israels auf, weil diese zu wild seien. Auch die Autovermieter in Neuseeland haben Probleme mit Israelis: „They crash our cars so often!“
Was ist da los?
Die Theorie vieler Reisender lautet wie folgt: Diese jungen Menschen haben gerade den Krieg heil überlebt, d.h. sie fürchten nichts und wollen sich amüsieren. Was ich durchaus verstehen kann! Eine junge Israelin erzählte uns von ihrem Job beim Militär und Nils und mir hatte es dabei regelrecht die Nackenhaare aufgestellt. Wenn wir die höchsten 23 Jahre alte Frau richtig verstanden haben, dann musste sie Funkgeräte reparieren – und zwar im Krisengebiet. Das heißt, immer wenn ein Funkgerät nicht funktionierte, wurde sie alarmiert, musste in die Kampfzone mit ihrem Jeep reinfahren und das Funkgerät ganz fix reparieren. Wenn man also den Zusammenhang betrachtet, dann ist das Partyverhalten, das uns Europäer so oft nervt, durchaus nachvollziehbar.
Ältere Israelis, die z. B. nach ihrem Studium nochmals auf Reisen gehen und dann alleine bzw. zu zweit unterwegs sind, zeigen eine ganz andere Reisementalität. Sie sind ruhig und freundlich und man kann sehen, dass sie sich ausgetobt haben.

Die Deutschen:
Wenn wir andere Reisende fragen, wie sie uns Deutsche sehen, dann bekommen wir ganz interessante Antworten.
Deutsche haben ein Problem sich anzupassen, lautet ein Fazit, das ich aus einer Unterhaltung mit zwei Schweizern gezogen habe.
Eine Portugiesin, deren Schwester seit vielen Jahren in Deutschland lebt und mit einem deutschen Mann verheiratet ist, erzählt: “ Ich war mal sehr krank. Ich hatte Typhus. Mein Arzt war sehr kompetent. Ich fand ihn sehr ‚deutsch‘. Irgendwann habe ich zu ihm gesagt: Wissen Sie was? Sie kommen mir vor, wie ein deutscher Arzt. Sehr professionell, aber total kalt. Kein einziges privates Wort, keine freundliche, vertrauensvolle Geste.“
Ein weiteres Beispiel, das sie für die Kühle der Deutschen anführt ist, dass wir uns zur Begrüßung die Hände schütteln. Portugiesen küssen sich kurz auf die Wange. Mittlerweile wolle ihre deutsche Verwandtschaft aber auch immer geküsst werden, wenn sie zu Besuch nach Deutschland kommt.
Was uns betrifft, so stellen wir fest, dass einige Deutsche ihre Landsmänner im Ausland meiden. Manche Deutsche und so auch wir reisen nach dem Motto: „Psst, ein Deutscher, besser nicht zur Erkennung geben.“ Als würden wir uns gegenseitig nich am Akzent im Englischen, dem Aussehen und den getragenen Marken erkennen.
Auf einem Campingplatz in Botswana standen zwei Frauen mit ihrem Camper auf dem Zeltplatz Nr. 1b, der uns an der Rezeption zugeteilt wurde. Der Wärter hatte uns informiert, dass Nr. 1b bereits vergeben sei. Dies wollten wir genau wissen, man weiß ja nie. Die beiden Damen standen auf einem Platz, der nur mit der Nummer 1 versehen war. Also haben wir nachgefragt, ob sie auf 1 oder auf 1b stünden. „Dies ist 1b.“ „Ah, okay, dann passt das“, so lautete unsere Antwort. Da sie mich fragend anschaute, ergänzte ich, dass man uns an der Rezeption 1b zugeteilt habe, dies aber kein Problem sei. „Ja, vielleicht da oben, wie wäre denn das?“ „Kein Problem, es sind noch genügend frei, wir finden schon ein Plätzchen.“ Sie drehte sich ganz schnell weg und plötzlich zeterte ihre Freundin im Wagen los, ohne dass sie sich uns jemals gezeigt hätte: „Dies ist unser Platz, wir stehen hier schon seit zwei Stunden!!“ „Ist schon in Ordnung, wir wollen euch euren Platz überhaupt nicht streitig machen!“…
Dies ist für uns „typisch deutsch“! Revier finden, sofort die Grenzen abstecken und wehe da kommt einer an und will was, der wird dann gleich vom Platz gewiesen.
Auch wir entdecken an uns oftmals diese typisch deutschen Verhaltensweisen. Nils ärgert sich z. B. immer, wenn andere Camper bei Tag und bei Nacht quer durch unseren Zeltplatz spazieren. Schließlich sei das SEIN Revier! Nachts nerven ihn vor allem die Flip Flop-Träger mit ihrem „Geschlürfe“!
Ich beschwere mich gerne, wenn nach 21 Uhr noch laute Musik läuft oder morgens um sieben vor unserem Zimmer gelärmt wird. Gelegentlich ziehen wir auch spät nachts kommentarlos unser Zelt in eine ruhige Ecke um. Manchmal haben wir den Eindruck, wir sind die einzigen, die das stört und die einzigen, die sich beschweren. Am anderen Morgen liegen wir dann in unserem Zelt, schauen uns an und sagen: „Mein Gott, waren wir heute Nacht wieder „deutsch“ unterwegs.“

Wie reisen eigentlich die anderen Reisenden?

Während unserer Zeit auf Reisen machen wir immer wieder die Bekanntschaft mit anderen Reisenden. Vor allem Südamerika wimmelt nur so von Backpackern. In Afrika und in Südamerika waren wir z. B. mit zwei australischen Paaren und in Patagonien mit einem schweizer Paar unterwegs. Meistens trifft man immer wieder auf bekannte Gesichter, denn die Routen sind ähnlich.

Es ist total spannend zu sehen, wie, wie lange und wohin es unsere „Kollegen“ zieht. Ein Großteil der europäischen Reisenden ist für ein Jahr mit dem Worldaroundticket unterwegs und bereist in dieser Zeit bevorzugt Südamerika, Südostasien, Australien und Neuseeland. Da Afrika nicht von jedem Worldaroundticket angeflogen wird, findet man in Afrika eher weniger Weltreisende, die für ein Jahr unterwegs sind. Immer wieder trifft man jedoch auf absolute Exoten, die ziemlich außergewöhnlich reisen. Die aus unserer Sicht „verrücktesten“ Mitreisenden stellen wir euch heute vor:

Die „Abenteurer“
Andrew und Lucy haben wir in Botswana kennen gelernt. Seit viereinhalb Monten reisen sie mit Rucksack und Zelt. Ihre Route geht von Kapstadt einmal durch den afrikanischen Kontinent über Europa zurück in ihre Heimat England. Zunächst waren zwölf Monate geplant, mittlerweile rechnen sie eher achtzehn Monate für ihre Reise ein. Ihr Fortbewegungsmittel sind öffentliche Verkehrsmittel. In Europa und auch im südlichen Afrika sicherlich leicht, aber in Zentralafrika? Bestimmt eine absolute Herausforderung – da sind Zeit und Geduld gefragt.

camping

Die „Abgefahrenen“:
In Uyuni / Bolivien haben wir zwei junge Japaner getroffen, die mit dem Rad unterwegs waren. In Kalifornien begegneten sich die beiden zufällig, seither radeln sie zusammen. Einer der beiden startete seine Tour in Alaska, der andere in Washington State. Ihr Ziel ist es, durch die westlichen Länder des amerikansichen Kontinentes bis ans südlichste Ende der Welt zu fahren – nach Feuerland. Wie lange sie bereits unterwegs waren und was ihr zeitlicher Plan ist, wissen wir leider nicht mehr. Extrem, oder? Leider gibt es auch kein Bild von den zweien. Aber an die zarten Oberschenkel kann ich mich noch gut erinnern.

Die „Ausdauernden Teil 1“:
Die beiden sympathischen Schweizer Paul (64 Jahre) und Brigitta (46 Jahre) sind mit Geländewagen inklusive Hubdach seit etwa dreieinhalb Jahren unterwegs. Wenn sie den Kontinent wechseln, dann lassen sie ihren Toyota logischerweise immer verschiffen. So ging es z.B. von Buenos Aires mit dem Schiff nach Walvis Bay in Namibia. Die Reise soll insgesamt etwa sechs Jahre dauern. Auch sie haben quasi Halbzeit und kommen so ziemlich überall rum. Das Land, in dem es ihnen bisher am wenigsten gefallen hat ist Belize. Sie sind mit Abstand am längsten unterwegs! Ihre Abenteuer findet ihr unter www.circumnavigation.ch.

Schweizer Weltreisende

Toyota Landcruiser

Die „Ausdauernden Teil 2“:
Erika und Jürg haben sich zu Beginn ihres Rentenalters aufgemacht, die Welt zu erkunden. Auch sie stammen aus der schönen Schweiz und sind seit Januar 2009 unterwegs. Wir haben sie in Afrika an einer Bar mit Laptop getroffen. Bisher hat sie ihr Weg durch Europa nach Afrika geführt. Weitere Ziele ihrer Reise sollen auf jeden Fall Südamerika und dann abhängig nach Lust und Laune Asien oder Nordamerika werden. Eingeplant haben sie etwa drei bis vier Jahre. Um der Reisemüdigkeit zu entgehen und um die Familie zu sehen, planen sie jährlich zwei Pausen ein, in denen sie für zwei Monate nach Hause fliegen. Wenn ihr ein bisschen mit ihnen in ihrem umgebauten Landcruiser Pickup mitfahren wollt, dann schaut mal rein unter trans-geo.com. Jürg hat 2000 Arbeitsstunden in einen genialen Umbau gesteckt. Es wurde weder die Nutzbarkeit in allen Lagen noch das kleinste Detail vergessen. Auch während der Reise optimiert er immer wieder an seinem fahrbaren Untersatz. Das i-Tüpfelchen auf seinem Geländewagen, den „touch of Africa“, hat ihm ein Herr aus Zambia in einem Tag Arbeit aufgemalt. Der Wahnsinn!!

touch of africa

Weltreieauto

Der „Entspannte“:
In Guatemala haben wir einen völlig relaxten Franzosen getroffen, der mit seiner Gitarre seit etwa zwei Jahren unterwegs war. Als nächstes wolle er mit dem Schiff von Panama nach Australien. Sein Plan war, nochmals ungefähr zwei Jahre zu reisen. Denn im Jahr 2009/10 nach Frankreich zurückzukommen, mache für ihn keinen Sinn. Seine Mutter habe ihm von einer „Krise“ berichtet und da bleibt der junge Ingenieur lieber noch ein bisschen im Ausland… Verständlich, oder?

Die „Auswanderer“:
Eine 28jährige Grundschullehrerin und ihren 27jährigen Freund, einen Förster, haben wir in Namibia getroffen. Seit über sieben Jahren leben sie nicht mehr in ihrer Heimat Belgien. Nur um die Familie zu treffen und anschließend in der Schweiz Ski zu fahren, fliegen sie einmal im Jahr nach Hause. Ein Jahr haben sie im Kongo mitten im Busch gelebt. Einmal im Monat kam ein Flieger und hat sie mit Nahrungsmitteln versorgt. In Notsituationen mussten sie „nur“ über das Satellitentelefon einen Rettungsflieger rufen. Derzeit leben sie in Gabun. Aber das Leben in Gabun sei nicht ganz einfach, man „wird dort sehr schnell alt“ berichten sie uns. Zum Beispiel brauchen sie für eine 30 Kilometerstrecke eine Ewigkeit, denn sie müssen etwa sieben Polizeikontrollen passieren. Der Herr Polizist liefe dabei um’s Auto und „suche“. Und er finde immer etwas zur Beanstandung und dann heiße es: „Oh, Sie müssen eine Strafe bezahlen…. Ihr Nummernschild ist schmutzig…“ Dann müsse verhandelt werden. Aber meistens bezahlten sie nicht.
Wenn ein Zug ein paar Stunden Verspätung habe, dann sei das schon okay. Sie seien schließlich froh, wenn er überhaupt fahre. Auf die Frage, ob sie planen, jemals wieder zurück nach Belgien zu gehen, antworten sie ganz klar: „Nein, das können wir uns überhaupt nicht vorstellen.“

„Die Hippifamilie“:
Eine französische Familie haben wir an der Grenze zwischen Argentinien und Chile gesehen. Ihr Fortbewegungsmittel war ein Mercedes Sprinter mit Wohnanhänger. Mit Blümchen verziert und der Aufschrift „Autour du monde“ ging es um die Welt. Leider haben wir nicht mit ihnen persönlich gesprochen. Sie haben drei oder vier Töchter. Die älteste Tochter war dreizehn Jahre alt, die jüngste hatte gerade mal vor sechs Wochen in Santiago de Chile das Licht der Welt erblickt. Die Eltern trugen einen riesigen Stapel Bücher mit sich und unterrichteten ihre Kinder selbst. Allerdings wollten sie sich Anfang Juni, als wir sie gesehen haben, langsam auf den Weg zurück nach Frankreich machen, denn die älteste Tochter wollte nach Hause. Wenn die Kinder von den Eltern nicht unterrichtet wurden, dann galt dies als „Ferien“. Sind wir mal gespannt, wie die Kinder das Schulleben und die echten Ferien erleben…

Familienweltreisemobil

Ihre Route:

Familienweltreisemobil

Der „Reiseopa“
Den 78 jährigen Amerikaner Jack haben wir im Okawango Delta kennen gelernt. Im Alter von 66 Jahren erlitt er den ersten Schlaganfall, zwei weitere sollten folgen. Vor sechs Jahren reiste er nach drei Schlaganfällen mit dem Worldaroundticket für 56 Tage um die Welt. Stationen seiner Weltreise waren Hawaii, Dublin, das Okawango Delta, Neuseeland, Australien, Singapur, Hong Kong und China. Im Ruhestand ist der Konstrukteur aus Conneticut, der in den 50er Jahren den Koreakrieg unbeschadet überstand, bis heute noch nicht. Respekt!

Okavangodelta

Ihr seht, die Varianten um die Welt zu reisen sind äußerst vielfältig. Und ganz offensichtlich ist es nie die falsche Zeit und auch gar nie zu spät dafür!

 

Ein Jahr auf Weltreise

Eine Weltreise bedeutet nicht immer „Friede, Freude, Eierkuchen“
und was wir im letzten Jahr alles gelernt haben!

Liebe Leser,
seit genau einem Jahr sind wir nun unterwegs auf Reisen: Hawaii, Zentral- und Südamerika liegen längst hinter uns und gerade erkunden wir das südliche Afrika.

Schön ist es, das Reisen! Ja, sogar sehr schön und vermutlich verbringen wir gerade die beste Zeit unsers Lebens.
Zu unserem heutigen „Bergfest“, so dachten wir, ist es aber an der Zeit, ein bisschen „aus dem Nähkästchen“ zu plaudern und euch „hinter unsere Vorhänge blicken“ zu lassen.

Mit dem Begriff „Weltreise“, assoziieren vermutlich viele „toll“, „cool“, „will ich auch“ und vieles mehr. Viele glauben, und unsere bisherigen Berichte bestätigen dies ja auch weitgehend so, reisen sei klasse und fühle sich einfach nur gut an. Aber nicht ausschließlich.

Es gibt seltene Tage, an denen würden wir am liebsten in den nächsten Flieger nach München steigen – einfach so – weil wir manchmal die Schnauze voll haben von der großen, weiten Welt!

Auf unserem „Weltreiseblog der Gnomads“ haben wir im letzten Jahr 217 Beiträge gepostet. Heute jedoch ein Artikel der anderen Art. Mit wenigen Bildern, dafür mit vielen Worten. Stimmt, der Artikel ist sehr lang geworden, aber wir hoffen, das Lesen bis zum Schluss lohnt sich für euch.

Viel Spaß beim Lesen!

wir können alles außer Hochdeutsch

Reisemüdigkeit

Manchmal sind wir ganz einfach müde, reisemüde. Ständig neue Eindrücke verarbeiten, sich neu orientieren, ständig planen, organisieren, umplanen, sich auf neue Kulturen und Mentalitäten einstellen. Organisieren in Ländern der Dritten Welt, wo die Uhren komplett anders ticken und wir mit der geliebten „easy going“ Mentalität Probleme bekommen, weil wir zu uncool deutsch sind und wir uns mehr Verlässlichkeit wünschen.

Aus dieser Tatsache hat sich für uns Regel Nr. 1 abgeleitet: „Lege regelmäßig Ruhetage und längere Pausen ein, an denen du nichts siehst, nichts hörst und nichts machst.“

Achtsamkeit

Ständig müssen wir auf der Hut sein, dass nix wegkommt. Dass wir nichts verlieren, uns nichts geklaut wird, wir nichts vergessen. Wo habe ich dies hin gesteckt? Wo habe ich das versteckt? Wo bewahre ich Dinge so auf, dass sie niemand findet? Ich jedoch schon.

Unsere Regel Nr. 2 kann viel Leichtigkeit bringen: „Ein bisschen Schwund gehört dazu.“

Immer dieser Kampf um unseren hart verdienten Euro. Wir Reisenden aus der Ersten Welt werden ganz oft als „Bankautomaten“ betrachtet und auch so behandelt. Ständig müssen wir aufpassen, dass wir nicht betrogen werden und für diverse Leistungen nicht zu viel bezahlen.
Man kann niemandem trauen und muss ständig wachsam sein. Das strengt an!

Hieraus haben wir Regel Nr. 3 abgeleitet: „Vergleiche und überprüfe mit allen Sinnen! Schau dir deine Mitmenschen an und höre auf dein Gefühl!“

Übernachten

Das Übernachten in Hostels nervt. Viele Hostels besitzen eine tolle Atmosphäre, schöne Zimmer und freundlichen Service. Aber manchmal ist es einfach nur doof: Laute Musik, jemand, der mitten in der Nacht grölt, singt, lacht. Zu jeder Nachtzeit knallen Türen, morgens um vier kommt jemand laut ins Hostel oder verlässt es. Als ich morgens um acht zur Jesusstatue in Rio gegangen bin, hat sogar jemand in meinem Bettchen geschlafen.

In Swakopmund / Namibia haben wir in einem sogenannten „upmarket“ Gästehaus zwei Nächte verbracht. Für höllischen Ärger und einen Mittelklasseaufstand seitens der Eigentümer habe ich gesorgt, weil ich dummerweise meine leicht klamme Wäsche vor unserer Zimmertür in den Garten zum Trocknen gehängt habe. Den Wäscheständer hatte mir allerdings ein aufmerksamer Angestellter ohne Aufforderung gebracht.
„Wie sähe denn das aus, wenn das alle machen würden?“ hieß es in einem barschen Ton. „Wir sind schließlich ein „upmarket guesthouse“ und da stellt man seine Wäsche nicht vor die Tür!“ Nils Antwort lautete: „Ihr schnippiges Verhalten ist aber gar nicht „upmarket.“ Worauf die etwa dreißigjähriger Juniorchefin ihrer neugierigen Mutter, die mich kurz vorher ebenfalls ohne Aufforderung in unserem Zimmer besucht hatte, zurief: „Mama, der Herr meint wir seien kein upmarket guesthouse!“ Gut, wenn im Secret Garden Guesthouse in Swakopmund deutsche Spießigkeit anstelle deutscher Gemütlichkeit herrscht, dann ziehen wir doch lieber umgehend auf den Campingplatz um!

Aber auch dort ist das Übernachten nicht immer problemlos. Denn im Etosha Nationalpark hat ein Schakal die Abspannseile und -bänder unseres Zeltes komplett durchgenagt.

Ruhe zu finden ist nicht immer leicht und das Gefühl von einem eigenem Nest, Vertrautheit, die Rückzugsgelegenheit ins Private vermissen wir nach einem Jahr Weltreise sehr.

Somit ist Regel Nr. 4 ganz leicht zu erraten: „Es geht nichts über die eigenen vier Wände. Sie sind und bleiben goldwert.“

Die Hostels sind zwar meistens sauber, aber niemals rein. Und so überlege ich mir permanent, wo ich was hinlegen kann. Wo saß gestern niemand mit seinem Blanken oder wo hat niemand irgendwas „ganz Privates“ hingelegt und die Putzfrau nicht drübergewischt?

Wisst ihr, wie wir uns am Ende unserer Südamerikareise über eine warme Dusche bei Freunden in Buenos Aires gefreut haben? Die haben uns sogar noch ein frisches Handtuch geliehen, denn unsere stinken längst nach nassem Hund. Und Schuhe mussten wir dort in der Dusche erstmals nach acht Monaten Reise auch keine Tragen. Alles blitzblank! Welch ein Luxus!
Regel Nr. 5 lautet: „Lieber fünf Euro die Nacht mehr ausgeben und Partyhostels meiden.“

Reisedurchfälle

Oftmals oder fast immer teilen wir uns in Hostels oder beim Campen das Bad mit anderen Reisenden. Die Flasche Desinfektionsspray ist längst leer und wurde aus Platzgründen auch nicht ersetzt. Hier unsere Frage: „Habt ihr euch schon mal dauerhaft im Stehen entleert?“ Gut, pinkeln ist vor allem für die Männer kein Problem, aber darüber hinaus?
Was ist bei Erbrechen und Durchfall? Im Stehen? Stereo? Und dann noch der lange Weg, vielleicht über eine steile Wendeltreppe wie damals in Guatemala nach unten ins Gemeinschaftsbad?

„Nur Obst und Gemüse, das man schälen kann, kein Speiseeis, Vorsicht bei Fleisch und Fisch und wenn’s einen dann doch trifft, Augen zu und durch. Es gehört dazu, “ so definieren wir Regel Nr. 6.

Beziehungsangelegenheiten

Und dann ist da noch die Sache mit der „24-Stunden-Beziehung“. In den ersten Monaten unserer Reise haben wir uns ziemlich angenervt. Ich wollte in Patagonien wandern. Nils musste aber fast täglich ins Internet. Auf’m Berg gibt es aber kein Internet. „Gut, dann können wir eben nicht auf den Berg.“ „Was machen wir dann in Patagonien?“ … Hölle! Mittlerweile haben wir einen Modus gefunden und ich unternehme meine mehrtägigen Wanderungen alleine, dann haben wir auch mal wieder ein paar Tage Distanz.
„In regelmäßigen Abständen eine Beziehungspause einlegen, das tut gut“, so Regel Nr. 7.

Mitreisende

So schön es ist, andere Reisende zu treffen, so sehr können sie auch nerven. Oftmals geht man Zweckbeziehungen ein, um sich die Kosten für einen Mietwagen, die Safari oder die Kilibesteigung zu teilen. Tja und dann heißt es „mitgegangen, mitgefangen.“ Denn auf Dauer sind manche Reisenden etwas anstrengend. Hier ein Beispiel:
Als mir auf dem Kili wegen der Höhe sauübel war, ich kaum laufen aber mich nicht übergeben konnte, hat mir eine freundliche Dame aus unserer Dreiergruppe ihre kleinen Wasserflaschen angeboten, damit ich nicht meine großen, schweren tragen musste. Wie lieb von ihr! Aber ihr Freund hat darauf erwidert: „Liebste Freundin, bedenke, dass Yvonne krank ist. Und aus welcher Flasche sie heute trinkt, aus dieser wird sie für den Rest der Tour trinken, weil wir uns sonst anstecken werden.“ Ha, seit wann ist denn die Höhenkrankheit anstreckend? Und selbst wenn mir wegen der schlechten hygienischen Bedingungen übel gewesen wäre, wie hätte ich die beiden anstecken sollen? Vielleicht haben wir ja einen Mediziner unter unseren Lesern, der mir diese Logik klarmachen kann. Ich habe seine Logik in zahlreichen Fällen bis heute nicht verstanden.

Ich kann es nicht lassen, hier noch meine kleine Lieblingsgeschichte mit dem freundlichen Mitwanderer:
In der Aufstiegsnacht zum Kili, die insgesamt gut sechs Stunden dauerte, hatte ich zuerst zwei gute Stunden, dann zwei in denen mir total schwindelig war und ich Probleme mit der Balance hatte. Den beiden anderen Wanderern ging es deutlich besser. Ich sollte jedoch direkt hinter dem Guide laufen, um das Tempo zu bestimmen. Schließlich war ich jeden Tag die Langsamste. Das Geheimnis meiner Mitwanderer bestand nämlich stets darin, schnell aufzusteigen, um sich dann am Camp angekommen, mit Kopfschmerzen und Aspirin im Zelt zu erholen. Ich forderte während den beiden Stunden, in denen mir schwindelig war, exakt drei Pausen zum Verschnaufen und Trinken ein, die nicht länger als eine Minute dauerten. In der dritten Pause, gut zwei Stunden vorm Kraterrand, meinte dann der Mitwanderer: „Yvonne, du musst dir überlegen, ob du weitergehen kannst und willst, denn wir anderen können nicht ständig auf dich warten. Uns wird kalt. Und du weißt ja, es ist alles eine rein mentale Angelegenheit.“ Mich in diesem Moment wortlos umzudrehen und ihm nicht gegen sein staksiges Schienbein zu treten, war für mich und den Steinbock in mir die größte Herausforderung während der ganzen Wanderung. Aber die Strafe folgte auf den Tritt. Ich war über eine halbe Stunde vor ihm am Kraterrand und auch am Gipfel. Dem schlauen Herren ging es nämlich unmittel nach seiner weisen Empfehlung so richtig schlecht und er hat sich auch nicht mehr davon erholt. Er musste regelrecht vom zweiten Bergführer Körper an Körper den Berg hochgepushed werden und sich immer wieder auf die Erde legen. Völlig x-beinig, mit Armen, die fast am Boden hingen und völlig benommen, kam er als letztes am Gipfel an. Bei diesem Anblick konnte ich mir meine Schadenfreude nun wirklich nicht mehr verkneifen! Wie war das mit der „mentalen“ Einstellung?

In solchen Fällen hilft nur die altbewährte Regel Nr. 8: „Diskutiere nicht mit Toastbrot!“

Grundeinstellung

Wir fliegen wieder mal von A nach B, doch einer unserer Rucksäcke ist nicht am Zielflughafen angekommen. Klar, auch das kommt vor! Theoretisch ist das auch nicht die Welt, praktisch sieht das aber ganz anders aus: Alles, was wir besitzen und was wir brauchen, befindet sich in unseren roten Rucksäcken. Unsere komplette Outdoorausrüstung inklusive Campingequipment kostet ein kleines Vermögen und wurde in liebevoller Kleinstarbeit recherchiert und ausgewählt. Sie war weder in Südamerika, geschweige denn ist sie auf dem afrikanischen Kontinent auch nur in Ansätzen zu ersetzen.

Wir können also nur hoffen und beten, dass der Rucksack irgendwann nachgeliefert wird, denn Unterstützung von den Airlines gab’s bisher nicht. Sagte der Typ in Buenos Aires doch: „Ich habe hier im System, dass Ihr Gepäck morgen in der Früh mit der ersten Maschine um 8 Uhr mitgeliefert wird. Am späten Nachmittag bekommen Sie Ihren Rucksack dann ins Hostel geliefert.“ Als wir spät abends immer noch nichts gehört und gesehen haben, rufen wir bei LAN an. Die Antwort lautete: „Es gab überhaupt gar keinen 8 Uhr Flug. Und außerdem kann ich Ihnen auch nicht sagen, wann und wie Sie Ihr Gepäck zurückbekommen werden. Haben Sie Geduld“ „Geduld, wir werden die Stadt bereits in vier Tagen wieder verlassen.“

Den Flug hatten wir selbstverständlich schon gebucht. Nach vier Wartetagen und unzähligen Anrufen hat LAN unseren Rucksack dann in irgendein Hostel geliefert. Macht nix, schließlich hätten wir ihnen doch die falsche Adresse genannt. Nein, haben wir nicht!

Die Lektion, die wir aus dieser Aktion lernten, haben wir in Regel Nr. 9 festgehalten: „Agiere mit Charme und Biss aber bleibe lässig und geduldig.“

Ja, jede Medaille hat zwei oder noch mehr Seiten. Das steht außer Frage. Neben unseren „happy, alles supidupi Reiseberichten“, wollten wir unsere persönliche Wahrheit neben der anderen Wahrheit kundtun. Wir hoffen, euren Blick auf eine Reise um die Welt und somit eure Vorstellung von einer Langzeitreise mit unseren ganz privaten Erfahrungen ein wenig erweitert zu haben.

Wir wissen nicht, ob ihr uns nach diesem Artikel noch glaubt, wenn wir sagen: „Wir freuen uns riesig auf die kommenden 12 Monate in Asien und Ozeanien!“ Ist aber wirklich so!

12 Grüße aus 12 Ländern senden wir euch nach Deutschland!

Nils und Yvonne

Der Riese und die Zwerge